Sich anstecken lassen
16.04.2013

Sich anstecken lassen

Nightfever-Weekend in Paderborn

Samstagabend, viertel nach sechs. Endlich ist der Frühling da und man schlendert gemütlich durch die Paderborner Innenstadt. Man passiert das Rathaus, geht weiter Richtung Kamp. So kommt man auch an der Marktkirche vorbei – doch ob man hier wirklich vorbei kommt, ist eine andere Frage, denn plötzlich bleibt man verwundert stehen.

Zweihundert junge Menschen stehen dort vor der Marktkirche und singen aus voller Kehle „Jesus Christ, you are my life“. Danach lauter Jubel, dann schallt das Mariengebet über den Kirchplatz. Was ist hier los? Kaum löst sich die Gruppe auf und verstreut sich auf dem Platz und in der Kirche, wird man von einem netten Mädchen angesprochen: „Bist du auch beim Nightfever-Weekend dabei? Nein? Wenn du Lust hast, komm doch zum Gottesdienst in die Kirche!“ Nightfever – klingt irgendwie ansteckend… Und seit wann wird man direkt von der Straße in die Kirche eingeladen?

Nightfever ist eine Initiative junger Christen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, vor allem kirchenferne Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen und ihnen den Glauben etwas näher zu bringen. Der Abend beginnt mit einem Gottesdienst, nach dem dann die jungen Christen mit Teelichtern auf die Straße gehen und andere einladen, eine Kerze in der Kirche anzuzünden und dort so lange zu bleiben, wie sie wollen – um zu beten, der Stille zu lauschen oder vielleicht seit langer Zeit wieder Gottes Nähe zu spüren. Und diese Idee verbreitet sich wirklich wie ein Fieber: In über 80 Städten weltweit brennen regelmäßig für eine Nacht die Teelichter – und es kommen ständig neue Nightfever-Städte dazu.

An diesem Wochenende hat es junge Christen aus der ganzen Welt nach Paderborn gezogen: Zum Nightfever-Weekend sind Gäste aus Polen, Dänemark, den Niederlanden, Spanien und Schottland angereist. Hier trifft man andere, die auch das Fieber gepackt hat. Man kann sich in Workshops austauschen, den Glauben gemeinsam feiern – und die innerlich brennende Flamme weitergeben. Anna Röckert ist aus Regensburg angereist und berichtet: „Ich mache bei Nightfever mit, weil es mir ein Herzensanliegen ist, Christus zu den Menschen zu bringen und zu erfahren, dass viele Menschen auf der Suche nach Gott sind – bewusst oder unbewusst.“ Die wohl weiteste Anreise hatte John Francisco Loay aus Neuseeland. Während seines Aufenthalts in Utrecht in den Niederlanden hörte er von Nightfever und war sofort fasziniert von der Idee, Jugendliche mit einer Kerze in die Kirche einzuladen. „Junge Menschen sind von der Stille der Kirche angezogen. Wenn sie sich auf dieses Event einlassen, werden sie ermutigt, aktiv Gutes zu tun. In der Stille wird man ganz friedlich und man fühlt sich, als würde man zu etwas Großem beitragen.“

An diesem Abend feiert Weihbischof Matthias König den Gottesdienst mit den begeisterten jungen Christen – und vielen, die von der Straße dazu gestoßen sind. Die Marktkirche ist bis auf den letzten Platz besetzt. „Jesus Christus lädt uns ein, Menschenfischer zu werden. Diese Idee werden wir heraustragen durch eine neue Kerze, die ich segnen darf.“ Weihbischof König gestaltet den Gottesdienst mitreißend und ansprechend – in seiner Predigt berichtet er über seine Faszination davon, dass die Einladung in die Kirche immer wieder so wunderbar funktioniert und in den Leuten etwas auslöst. „Wenn nicht hier, wo sonst ist das Wirken des Heiligen Geistes mehr zu spüren?“ Nightfever sei die Grundidee des „Menschenfischens“: „Sich von Jesus in den Dienst nehmen zu lassen und sich dort hin setzen zu lassen, wo man bekehren kann.“ Schon während des Gottesdienstes wird man plötzlich ganz ruhig, während der Nightfever-Chor mit klaren und starken Stimmen singt: „Ich geb mein Leben, weil ihr meine Freunde seid. Seht, diese Liebe, die alles verschenkt“. Das Nightfever packt einen unweigerlich und lässt an diesem Abend auch sicherlich nicht mehr los. Weihbischof König sendet die „Menschenfischergehilfen“ mit den Worten aus: „In der großen Zahl werden wir heute keinen entkommen lassen, der hier vorbei geht“ – und die Marktkirche lacht.

Die 29-jährige Andrea Wienhues ist nach dem Gottesdienst mit ihrem Bruder Christian unterwegs, um junge Menschen mit einem Teelicht in die Kirche einzuladen. Die beiden haben die Nightfever-Idee nach Dänemark getragen, als nächste deutsche Stadt steht Hamburg auf dem Plan. Wer nach einer Weile wieder aus der Marktkirche heraustritt, hat einen besonderen Ausdruck im Gesicht: einerseits ruhig und andächtig, andererseits – angesteckt. In den Augen der 17-jährigen Samira scheint nun auch die Nightfever-Flamme zu brennen: „Es war eine ganz besondere Atmosphäre. Man fühlt sich besser und ruhiger nachdem man die Kerze angezündet hat. Danke für den tollen Moment!“ Und die 18-jährige Miriam nutzte das Teelicht, um ihre Dankbarkeit auszudrücken: „Es ist einfach schön bei Jesus zu sein, um ihm etwas von der Gegenwart zurückzugeben, die er mir im Alltag gibt.“ Julia, 22, bringt die Nightfever-Idee noch einmal in ihren Worten auf den Punkt: „Die Atmosphäre heute war unglaublich. Es tut gut zu spüren, dass da jemand ist, der mit uns geht, auch wenn wir die Wege vielleicht nicht immer verstehen. Ich hoffe, dass immer wieder Menschen von Gott berührt werden und durch Nightfever etwas von seiner Liebe erfahren können!“

Wenn man diese begeisterten, jungen Menschen am Samstagabend um halb elf von Gott reden hört, obwohl sie diese Begegnung mit Ihm absolut nicht geplant hatten, dann wird ganz schnell klar: So klein eine einzelne Teelichtflamme auch ist – als Lichtermeer in der dunklen Marktkirche ist die Nightfever-Idee unglaublich ansteckend.

Stichwort "Nightfever-Weekend": Das Nightfever-Weekend startet zwei Mal jährlich in den verschiedenen Nightfever-Städten, vom 12.-14. April hatte nun Paderborn seine Nightfever-Freunde eingeladen. Die etwa 200 jungen Christen waren im Leokonvikt untergebracht, feierten gemeinsam drei Gottesdienste und befassten sich am Samstag in elf verschiedenen Workshops mit ihrem Glauben und den Möglichkeiten, diesen weiterzutragen.

Mix